„Sind Sie eigentlich auf meiner Seite?“

Von Zeit zu Zeit stellen mir Mandanten diese oder eine ähnliche Frage.

Meistens ist diesem Zweifel ein Gespräch vorausgegangen, in dem ich auf Sachverhaltslücken, unterschiedliche Rechtsansichten oder prozessuale Fallstricke hingewiesen habe.

Vielleicht ging es beispielsweise darum, dass derjenige, der gerichtlich etwas einklagen möchte, seinen Anspruch darlegen und beweisen muss. Kann er das nicht, wird er verlieren. Das ist einer der Gründe, warum sich Anwälte über schriftliche Vereinbarungen freuen.

Und selbst ein gewonnener Prozess nützt manchmal nicht viel, wenn der Gegner am Ende gar kein Geld hat. Das nennt man Vollstreckungsrisiko.

Der Mandant hat sich das alles in der Regel einfacher vorgestellt und möchte von möglichen Problemen lieber nichts wissen.

Außerdem läuft das in amerikanischen Justiz-Serien doch ganz anders: Gutaussehende Menschen haben schlaue Ideen, es gibt einen überraschenden Trick und am Ende wird alles gut.

In diesen Momenten schlägt die Unsicherheit dann zu.

Von guten Freunden

Von Ihren Freunden dürfen Sie natürlich erwarten, dass sie laut mit Ihnen über die Ungerechtigkeit der Welt klagen, Sie trösten und Ihnen Mut zusprechen.

Mit Freunden lässt sich auch mal herrlich albern sein, stundenlag über Gott und die Welt quatschen oder in Rachephantasien gegen den ungeliebten Nachbarn schwelgen.

Aber möchten Sie mit Ihren Freunden auch über Prozesstaktiken, eine wirksame Wettbewerbsklausel oder die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sprechen?

Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit

Natürlich kann sich auch ein Anwalt für Ihr Wohlergehen interessieren. Er kann Ihnen Mut machen und Sie beruhigen. Das hat er dann mit Ihren Freunden gemeinsam.

Vor allem aber soll Sie Ihr Anwalt davor bewahren, rechtlich unüberlegt zu handeln.

Um Sie vor Schaden zu bewahren, darf er nicht um den heißen Brei herumreden. Ein Prozessrisiko ist eben ein Prozessrisiko. Da kann man nicht auf die Kraft der guten Gedanken verweisen und von einer totsicheren Sache sprechen.

Ihr Anwalt steht nämlich auf Ihrer Seite. Bestimmt. Er sagt nur manchmal Dinge, die Sie vielleicht nicht hören möchten.

Klar, das kann ernüchternd sein. Wer mag denn nicht lieber frohe Botschaften als schlechte Nachrichten.

Eine Entscheidung können Sie aber nur fällen, wenn Sie die Fakten kennen – alle. Also nicht nur die guten.

Fazit:

Für Anwälte besteht der wahre Freundschaftsdienst darin, Ihnen die Wahrheit zu sagen. Auch wenn das bisweilen für ein Stimmungstief sorgt.