Wann haften Unternehmer für die Inhalte einer über einen Link erreichbaren Internetseite?

BGH, Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 74/14 (LG Köln , OLG Köln)

Irgendwo im Internet steht die benötigte Information, ganz bestimmt. Jetzt müssen Sie sie nur noch finden.

Um in der Informationsflut nicht zu ertrinken, helfen Hyperlinks, d.h. elektronische Verweise auf ein Dokument auf derselben oder einer anderen Webseite. Mit Hilfe dieser Links wird der Nutzer einer Webseite also auf weitere Informationen hingewiesen.

In seiner nachfolgenden Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigt, wann ein Unternehmer für die Inhalte der von ihm verlinkten Internetseiten haftet:

Sachverhalt

Der Beklagte ist Facharzt für Orthopädie. Mitte 2012 setzte er auf seiner Internetseite unter der Überschrift „Implantat-Akupunktur“ am Ende seines Textes unter „weitere Informationen auch über die Studienlage“ einen Link zur Startseite des Internetauftritts des Forschungsverbands Implantat-Akupunktur e.V.

Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., hielt Aussagen auf den Unterseiten des verlinkten Internetauftritts des Forschungsverbands Implantat-Akupunktur e.V. für irreführend.

Der Kläger mahnte daher den Beklagten ab. Der Beklagte entfernte daraufhin den Link von seiner Internetseite, eine Unterlassungserklärung gab er jedoch nicht ab.

Die erste Instanz hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, mit bestimmten Aussagen auf dem verlinkten Internetauftritt für eine Ohr-Implantat-Akupunktur zu werben. Außerdem wurde der Beklagte verurteilt, an den Kläger Abmahnkosten in Höhe von € 166,60 nebst Zinsen zu zahlen.

Die zweite Instanz (Berufungsgericht) hatte die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt mit seiner Revision, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Keine automatische Haftung für verlinkte Inhalte

In seiner vorliegenden Revisionsentscheidung gibt der Bundesgerichtshof (BGH) dem Beklagten Recht und bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Zwar stellt das Setzen des Links zur Startseite des Internetauftritts des Forschungsverbands Implantat-Akupunktur e.V. vorliegend eine geschäftliche Handlung des Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Doch weist der BGH darauf hin, dass auch eine als geschäftliche Handlung zu qualifizierende Linksetzung als solche noch keine Haftung für die verlinkten Inhalte begründet.

Haftung für Hyperlinks

Eine Haftung des Beklagten setzt nach Ansicht des BGH vielmehr folgendes voraus:

„Wer sich fremde Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen. Maßgeblich für die Frage, ob sich der Unternehmer mit seinem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände.“

Der Beklagte hatte sich die Inhalte des Fachverbands aber nicht zu Eigen gemacht, da der elektronische Verweis nicht wesentlicher Bestandteil seines Geschäftsmodells war.

Auch eine Haftung des Beklagten als Störer durch die Verknüpfung seines Internetauftritts mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten kommt nicht in Betracht, weil die als irreführend beanstandeten Inhalte keine absoluten Rechte verletzt haben können.

Damit hätte der Kläger den Beklagten nur noch aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Anspruch nehmen können, wenn der Beklagte zumutbare Prüfungspflichten verletzt hätte. Die Prüfungspflichten konkretisiert der BGH wie folgt:

„Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit diese Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen“.

Der BGH verneint auch für einen Unternehmer eine proaktive Überwachungspflicht für die von ihm verlinkten Inhalte. Soweit also ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar ist, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt.

Zusammenfassung

Hyperlinks haben eine große praktische Relevant. Ohne sie verlören wir eine wichtige Orientierung im Internet-Dschungel. Trotzdem sollten Unternehmer die rechtlichen Konsequenzen im Auge behalten.

Wer als Unternehmer auf fremde Inhalte verlinkt, sollte daher auf jeden Fall (spätestens) bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen reagieren und den Inhalt der verlinkten Seiten prüfen.