Was sie beachten sollten, BEVOR sie diese Frage stellen.

Gerade als Unternehmerin schließen sie Tag für Tag viele Verträge. Oft hat der Vertragspartner da schon einmal etwas vorbereitet, es fehlt lediglich noch ihre Unterschrift. Geht auch ganz schnell. Häufig stellt sich aber die Frage, ob der Vertrag überhaupt etwas taugt. Sollen sie hier möglicherweise übers Ohr gehauen werden? Woran erkennen sie eigentlich, dass sie den Vertrag ruhigen Gewissens unterschreiben können?

Mit Hilfe dieses Beitrages können sie Verträge in Zukunft besser einschätzen und leichter beurteilen, wann sie noch einmal Rücksprache mit einem Anwalt halten sollten, bevor sie fragen: „Wo soll ich unterschreiben?“.

1. Präambel

Der Vertrag geht schon gut los – mit einer Präambel. Sie sind beeindruckt. Vielleicht liegt aber auch nur ein Fall von „Mehr Schein als Sein“ vor.

Eine Präambel als Vertragseinleitung ist nicht zwingend und auch kein Bestandteil der eigentlichen vertraglichen Regelungen, die die Rechte und Pflichten der Vertragspartner beinhalten. Sie kann jedoch – insbesondere bei komplizierten Vertragsbeziehungen – hilfreiche Hintergrundinformationen geben und damit als Auslegungshilfe der vertraglichen Regelungen dienen. So lässt sich in der Präambel beispielsweise festhalten, von welcher Ausgangslage, d.h. Geschäftsgrundlage die Parteien bei Vertragsschluss ausgegangen sind. Damit lässt sich dann später leichter bestimmen, ob ein bestimmtes nicht vorhersehbares Ereignis eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellt, das zu einer Anpassung des Vertrages führt oder ob es sich vielmehr um ein Risiko handelt, das von einer der Parteien aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung alleine zu tragen ist.

Als Verständnishilfe dient die Präambel allerdings nur, wenn sie sorgfältig formuliert wurde. Ansonsten besteht die Gefahr, dass eine der Parteien sie einseitig zu ihren Gunsten auslegt und so womöglich ein neues Vertragsverständnis schafft, das ursprünglich nicht vorgesehen war.

Wenn Sie eine Präambel vorfinden, dann sollte sie die Vertragspartner kurz vorstellen und anschließend deren Motivation, den Vertrag abzuschließen, erläutern.

Beispiel:

  1. Frau Silke Löwenzahn ist als Ernährungsberaterin mit dem Schwerpunkt betriebliche Gesundheitsvorsorge tätig.
  2. Die Sonnenschein GmbH beschäftigt etwa 100 Arbeitnehmer, die sich in letzter Zeit vermehrt arbeitsunfähig krank melden.
  3. Um die krankheitsbedingten Fehlzeiten bei der Sonnenschein GmbH zu reduzieren, wird Frau Silke Löwenzahn für deren Arbeitnehmer einen wöchentlichen Kurs zu dem Thema „Aktiv und gesund in den Tag mit bewusster Ernährung“ abhalten.

2. Systematik

Überprüfen sie, ob die vertragliche Systematik durchgehend eingehalten wurde. Stimmt die Nummerierung oder folgt in dem Vertrag auf § 6 plötzlich § 8? Wurden die vorgegebenen Definitionen konsequent benutzt oder erwähnt § 1 einen Verkäufer, während ab § 5 nur noch von einer Verkäuferin die Rede ist?

Fehler in der Systematik können auf einen Vertrag hinweisen, der mit heißer Nadel gestrickt wurde. Wer bei der Vertragsgestaltung die erforderliche Sorgfalt vermissen lässt, der nimmt es möglicherweise auch bei der Vertragsabwicklung nicht so genau.

3. Verständliche Sprache

Klar, einfach, verständlich – das ist das Ideal eines Vertrages. Ausufernde Länge und verschachtelte Satzkonstruktionen sind dagegen keine Qualitätsmerkmale. Unverständliche Verträge gestalten kann jeder.

Wer sich täglich mit einer bestimmten Sache beschäftigt, der verliert auch zuweilen den Überblick über das Gesamtkonzept: Legen Sie daher den Vertrag einem Dritten vor und fragen sie ihn, ob er versteht, was da geregelt werden soll. Falls ihnen gerade kein Berater zur Seite steht, versetzen sie sich gedanklich in einen Passanten von der Straße: Hätte dieser eine Chance herauszufinden, worum es in ihrem Vertrag geht?

Vorsicht auch bei der Benutzung juristischer Fachtermini. Sollten sie Begriffe verwenden, die auch das Gesetz kennt, dann bitte auch in ihrer korrekten Bedeutung. So besteht z.B. entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch rechtlich ein Unterschied zwischen Eigentum und Besitz. Und bei einer Firma handelt es sich laut Handelsgesetzbuch um den Geschäftsnamen des Kaufmanns (im Gegensatz zu dessen bürgerlichem Namen), nicht aber um eine allgemeine Bezeichnung als Synonym für Unternehmen oder Gesellschaft.

4. Probleme im Vorfeld erkennen

Mit der Zeit werden sie ein Gespür dafür entwickeln, was funktioniert und was nicht. Lassen sie also ihre Phantasie spielen und die künftige Geschäftsbeziehung sich vor ihrem geistigen Auge entwickeln. Bei welchem Punkt haben sie noch Bauchschmerzen, wo könnte es erfahrungsgemäß zu Konflikten kommen? Diesen Problembereichen sollten sie ihre besondere Aufmerksamkeit widmen und für eine sorgfältige Vertragsgestaltung sorgen.

Beispiel:

Sie freuen sich sehr über ihr neues Engagement als Hochzeitsfotografin, haben aber auch den Verdacht, dass ihre Kunden unrealistische Vorstellungen haben. Die Brautleute scheinen eine minutiöse Dokumentation des großen Ereignisses zu erwarten – und das zum Schnäppchenpreis. In diesem Fall empfiehlt es sich, die vereinbarte Leistung detailliert schriftlich festzuhalten, um spätere Diskussionen über ihre vermeintlich unzureichende Arbeit zu vermeiden. Sie sollten daher insbesondere die folgenden Punkte für ihre Kunden im Vorhinein dokumentieren: In welchem Zeitraum stehen sie zur Verfügung? Wie viele Fotos bekommt der Kunde? Handelt es sich um Abzüge oder stellen sie die Fotos (auch) als digitale Dateien zur Verfügung? Beinhaltet ihr Leistungsumfang auch eine Bearbeitung der Fotos? Stehen sie für Außen- oder für Innenaufnahmen zur Verfügung?

Fazit:

Lassen sie sich nicht zu einer Entscheidung drängen, schlafen sie lieber noch einmal eine Nacht, bevor sie handeln. Ein Vertrag, der bereits in seiner äußeren Form Mängel aufweist, ist darüber hinaus mit Vorsicht zu genießen.

Da sie sich mit ihrer Unterschrift mitunter über einen längeren Zeitraum binden, ist es ratsam, im Zweifelsfall den Vertrag vor Unterzeichnung anwaltlich überprüfen zu lassen. Diese Kosten im Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung sind erfahrungsgemäß deutlich geringer als die Kosten einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung – von der zeitlichen Beanspruchung durch einen Gerichtsprozess ganz zu schweigen.

Mit diesem Artikel habe ich einen Themenvorschlag von W.I.N.-Woman Petra Letius aufgegriffen. Liebe Petra, vielen Dank dafür.