OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.11.2014, Az. 11 U 106/13 (LG Frankfurt a.M.)

Der Urheberrechtsschutz erfordert besondere Aufmerksamkeit bei der Verwendung von Texten, Zeichnungen oder Fotos, die Sie nicht selbst angefertigt haben. Immer.

Manchmal mag der Verwender von fremden Werken gar nicht an ein mögliches Urheberrechtsproblem denken, beispielsweise bei Werbetexten. Umso überraschender treffen ihn dann wahrscheinlich die finanziellen Folgen …

Das OLG Frankfurt a.M. verdeutlicht in seiner nachfolgenden Entscheidung, dass Sie den Urheberrechtsschutz auch im Hinblick auf Schulungsunterlagen nicht aus den Augen verlieren sollten:

Sachverhalt

Die Beklagte, eine GmbH, bietet Seminare an.

Die Kläger führten in der Vergangenheit für die Beklagte Schulungen unter Verwendung von Lehrmaterialien durch. Diese Kursunterlagen umfassten sowohl Texte als auch Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen sowie Fotografien. Die Kursunterlagen waren von den Klägern erstellt worden.

Der Geschäftsführer der Beklagten gab die Kursunterlagen an ihren neuen Dozenten weiter.

Dies mahnten die Kläger ab, da die Kursunterlagen urheberrechtsschutzfähig seien und sie daher einen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz hätten.

Die Beklagte meint dagegen, für die Weitergabe der Kursunterlagen an ihren neuen Dozenten sei keine Zustimmung der Kläger als Ersteller der Unterlagen erforderlich, da die Skripterstellung stets Bestandteil des Honorars sei, das die Kläger von der Beklagten erhalten hatten. Das Skript sei der Beklagten zur beliebigen Verwendung und Weiterverarbeitung überlassen worden.

Kursunterlagen können als Sammelwerk schutzfähig sein

Das Gericht bestätigt, dass die Kursunterlagen der Kläger gemäß § 4 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) schutzfähig sind:

„Sammelwerke genießen Urheberschutz, wenn bei ihnen die Auswahl oder die Anordnung der einzelnen darin aufgenommenen Elemente eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 3 Abs. 2 UrhG darstellen, wenn sich in ihnen damit ein geistiger Gehalt manifestiert, der über die bloße Summe der Inhalte der einzelnen Elemente hinausgeht, wobei der Gesamteindruck entscheidend ist.“

Die eigenschöpferische Leistung der Kläger hat das Gericht in der Auswahl der Einzelwerke und ihrer Anordnung gesehen. Denn die Darstellung sei nur in geringem Umfang durch den Inhalt der Seminarveranstaltung, deren Durchführung sie diene, vorgegeben. Der jeweilige Dozent habe deshalb einen weiten Entscheidungsspielraum. Dies verdeutliche ein Vergleich der Kursunterlagen der Kläger mit den von dem neuen Dozenten verwendeten Unterlagen, die lediglich hinsichtlich einer Fotografie übereinstimmten.

Zugunsten der Kläger ist gemäß § 10 UrhG zu vermuten, dass sie Miturheber (§ 8 UrhG) des Sammelwerks sind.

Für den pauschalen Vortrag der Beklagten, die Skripten seien ihr ohne Einschränkung und damit zur beliebigen Verwendung und Weiterverbreitung von den Klägern überlassen worden, sah das Gericht keinen Anhaltspunkt.

Die Beklagte hat daher das Urheberrecht der Kläger verletzt, indem Sie die Kursunterlagen an ihren neuen Dozenten übergab und damit in den Verkehr gebracht und verbreitet hat.

Zusammenfassung

Der Urheberrechtsschutz spielt zuweilen auch da eine Rolle, wo wir es vielleicht nicht vermuten. Umso wichtiger ist es, ihn nicht zu vergessen.

Bei der Erstellung von Texten oder anderen Werken für Dritte sollten die Beteiligten daher idealerweise auch vereinbaren, ob und wie der Dritte das Werk nutzen darf. Beteiligte, die sich im Vorhinein über diesen Punkt Gedanken machen, müssen im Nachhinein hoffentlich darüber nicht mehr streiten.