OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.05.2014, Az. I-20 U 174/12 (LG Düsseldorf)
So eine Webseite ist toll: Schnell und unkompliziert können sich Interessenten jederzeit über Ihr Angebot informieren. Dies setzt aber auch voraus, dass Sie dieses Informationsangebot mit Leben füllen. Bilder bringen Farbe ins Spiel und Ihre Texte beantworten idealerweise alle Fragen des Lesers.
Und das ist der Haken an der Sache: So ein Text kann harte Arbeit bedeuten. Nicht alle sind begnadete Schriftsteller. Da liegt es nahe, mal schnell bei der Konkurrenz vorbeizuschauen. Warum sollten Sie sich unnötig Arbeit machen, wenn es doch schon passende Texte gibt?
Nach der Lektüre der nachfolgenden Entscheidung des OLG Düsseldorf sollten Sie Ihr Vorhaben noch einmal überdenken:
Sachverhalt
Die Klägerin stellt Roben her, insbesondere für juristische Berufe. Ihre Roben beschreibt die Klägerin in ihrem Internetauftritt in einem längeren Text. Die dort vorhandenen Informationen sind in 17 Einzelrubriken unterteilt, davon tragen 11 eine Überschrift.
Die erste Rubrik lautet beispielsweise:
„a. Die … Roben bestechen durch ihre perfekte Passform. Ihre gekonnte Schnittführung vermittelt gepflegte Eleganz. Alle Roben werden von qualifizierten Bekleidungsschneiderinnen in sorgfältiger Einzelanfertigung hergestellt. Qualität MADE IN GERMANY.“
Die Beklagte hat in ihrem eigenen Internetauftritt den Werbetext der Klägerin mit Ausnahme von Modellbezeichnungen, Kontaktdaten und anderen individualisierten Merkmalen nahezu wörtlich übernommen.
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten u.a. einen Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) geltend.
Urheberrechtsschutz für Gebrauchszwecken dienende Texte
Im Gegensatz zur Vorinstanz bejaht das OLG Düsseldorf den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch, da es sich bei dem Werbetext der Klägerin um ein geschütztes Schriftwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handelt, das über die erforderlicher Schöpfungshöhe gemäß § 2 Abs. 2 UrhG verfügt.
Als persönlich geistige Schöpfungen im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG sind Erzeugnisse anzusehen, die durch den Inhalt oder durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen. Ein schutzfähiges Werk bedarf daher einer eigenschöpferischen Gedankenformung und –führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes. Die Urheberrechtsfähigkeit von Werbetexten erfordert in diesem Zusammenhang ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials.
Das Gericht führt aus, dass die Länge des streitgegenständlichen Textes Raum gibt, die Reihenfolge der Darstellung zu schützen. Die Reihenfolge selbst sei Ausdruck einer erheblichen eigenschöpferischen, eigentümlichen Gedankengestaltung –und –führung sowie von erheblicher individueller Prägung und nicht durch die Natur der Sache vorgegeben. Die 17 Einzelrubriken präsentierten die Informationen in einer bestimmten, von kaufpsychologischen Überlegungen getragenen Folge. Zudem spreche die gewählte Sprache gezielt eine Käuferschicht an, die neben Qualität auch auf modische Aspekte, eine transparente Preisgestaltung und eine gehobene Wortwahl Wert legt.
Zusammenfassung
Die Verlockung, sich auf einfache Weise Inhalt für den eigenen Internetauftritt in Form von fremden Werbetexten zu verschaffen, ist groß. Doch die vermeintliche Zeit- und Geldersparnis können sich bei einer Verletzung von Schutzrechten leicht in ihr Gegenteil verkehren.
Ob Sie nun Berufsbekleidung oder etwas anderes anbieten: Die Übernahme fremder Werbetexte ist rechtlich riskant. Investieren Sie Ihr Geld lieber vorab in einen Texter als nachträglich in (höhere) Anwalts- und Gerichtsgebühren.