AG München, Urteil vom 11.06.2010, Az. 412 C 11503/09

Zu den häufigen Streitpunkten zwischen Mietern und Vermietern gehören Sachmängel der gemieteten Räume gemäß § 536 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Insbesondere bei Schimmelbefall der Wohnung ist der Mieter an einer umgehenden Beseitigung des Mangels durch den Vermieter interessiert.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit Mietvertrag vom 03.05.2005 bei der Beklagten eine Wohnung gemietet, die sie zusammen mit ihrem Ehemann und deren drei Kindern bewohnte. Im Februar und März 2009 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass in der Wohnung Schimmel aufgetreten ist und forderte diese zur Mangelbeseitigung auf.

Die Beklagte lehnte die Mangelbeseitigung ab, da die Ursache für die Schimmelbildung nicht in der mangelhaften Bausubstanz, sondern ausschließlich in unsachgemäßem Heizen und Lüften durch die Klägerin und ihrer Familie liege. Außerdem sei das Anwesen im Jahr 2004 nach den damals anerkannten Regeln der Technik errichtet worden.

Vorliegen eines Mietmangels

Das AG München hat über das Vorliegen eines Mietmangels Beweis erhoben, indem es ein schriftliches Sachverständigengutachten einholte. In diesem kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass selbst durch intensives Lüften der Klägerin mit langen Lüftungsintervallen die in den Räumen befindliche Feuchtigkeit nicht verschwindet. Lediglich durch durchgehendes Lüften könne das Schimmelpilzwachstum vermieden werden. Für das Schlafzimmer stellte der Sachverständige zudem fest, dass die hohe relative Luftfeuchtigkeit während der Nacht nur durch einen permanenten schwachen Luftaustausch vermieden werden kann. Ein mögliches falsches Nutzungsverhalten der Klägerin und ihrer Familie spiele dagegen nur eine ganz kleine Rolle.

Letztendlich behindere die hohe Dichtigkeit der Wohnung den Feuchtigkeitsabtransport und den Zustrom ausreichender Frischluft.

Normales Nutzungsverhalten maßgebend

Nach Auffassung des Gerichts, das den nachvollziehbaren und überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen folgte, ist es der Klägerin nicht zuzumuten, ständig zu lüften. Insbesondere müsse es der Klägerin möglich sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Das erforderliche Lüften müsse also auch in den Morgen- und Abendstunden, d.h. den typischen Kernzeiten der Wohnnutzung, durchführbar sein.

Auch kann von der Klägerin nicht verlangt werden, dass sie zwingend mit geöffnetem Fenster schläft; dies gilt umso mehr bei niedrigen Außentemperaturen.

Da es für den Anspruch auf Mangelbeseitigung nicht auf ein Verschulden der Beklagten ankommt, spielt es keine Rolle, dass das Anwesen im Jahr 2004 den Regeln der Technik entsprach. Zwischenzeitlich wurde der DIN-Standard geändert, um einen Mindestluftwechsel zu ermöglichen. Bei neueren Bauten reichte aufgrund der hohen Dichtigkeit das übliche Stoßlüften nicht aus.

Zusammenfassung

Die Entscheidung des AG München ist uneingeschränkt zu begrüßen. Der Mieter einer Wohnung muss sich im Falle eines Schimmelbefalls von seinem Vermieter nicht darauf verweisen lassen, das Anwesen sei nach den damalig anerkannten Regeln der Technik errichtet worden. Es ist vielmehr entscheidend, ob die Schimmelbildung bei einem normalen Nutzungsverhalten des Mieters ausgeschlossen ist. Der Mieter muss sich nicht darauf einlassen, die Nutzung seiner Wohnung und sein Lebensverhalten einzuschränken.