Wann der Vermieter dem Home Office seines Mieters zustimmen muss

BGH, Urteil vom 14.07.2009, Az. VIII ZR 165/08 (LG Frankfurt am Main)

Gerade in der Phase der Existenzgründung sind viele Unternehmer darauf angewiesen, die monatlichen finanziellen Belastungen möglichst gering zu halten. Häufig bietet sich daher an, das erste Büro in der eigenen Mietwohnung einzurichten. Die Mietzahlungen fallen eh an und für repräsentativere Räume ist später dann immer noch Zeit.

Die folgende Urteilsbesprechung skizziert, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter eine teilgewerbliche Nutzung seiner Mietwohnung akzeptieren muss.

Sachverhalt

Mit Vertrag vom 05.01.2004 mieteten die Beklagten eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Laut § 1 des Mietvertrages erfolgte die Anmietung „zu Wohnzwecken“. § 11 des Mietvertrages regelt darüber hinaus:

„1. Der Mieter darf die Mietsache zu anderen als den in § 1 bestimmten Zwecken nur mit Einwilligung des Vermieters benutzen. …“

Der Beklagte zu 1) übt seine Tätigkeit als selbständiger Immobilienmakler mangels eigener Geschäftsräume von zu Hause aus. Die Klägerin forderte ihn daher mit Schreiben vom 07.03.2007 auf, diese gewerbliche Nutzung zu unterlassen. Später erklärte sie wegen der fortgesetzten gewerblichen Nutzung mit anwaltlichem Schreiben vom 04.06.2007 die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses und forderte die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf.

Die Beklagten weigern sich, aus der angemieteten Wohnung auszuziehen.

Grenzen der vertragsgemäßen Nutzung

Grundlage der Ausführungen des Bundesgerichtshofes (BGH) ist die Feststellung, dass die Grenze der vertragsgemäßen Nutzung einer Wohnung schon dann überschritten sein kann, wenn der Mieter die Wohnung auch zu geschäftlichen Zwecken nutzt und mit dieser Aktivität nach außen in Erscheinung tritt. Mit seiner geschäftlichen Tätigkeit tritt der Mieter z.B. dann nach außen, wenn er die Wohnung als seine Geschäftsadresse angibt, indem er dort Kunden empfängt oder Mitarbeiter beschäftigt.

Vorliegend soll der Beklagte zu 1) für seine geschäftliche Tätigkeit Mitarbeiter beschäftigt haben, so dass möglicherweise keine vertragsgemäße Wohnungsnutzung mehr gegeben ist.

Verpflichtung des Vermieters auf Gestattung einer teilgewerblichen Nutzung

Treten die geschäftlichen Aktivitäten des Mieters nach außen, so kann der Vermieter aber nach Treu und Glauben verpflichtet sein, dem Mieter die teilgewerbliche Nutzung der Wohnung und damit die Überschreitung der vertragsgemäßen Wohnnutzung zu erlauben.

Diese Pflicht des Vermieters zur Gestattung geschäftlicher Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art des Mieters kommt nach Ansicht des BGH insbesondere dann in Betracht, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt. In diesen Fällen sei davon auszugehen, dass von der geschäftlichen Tätigkeit des Mieters keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder die Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung. Diese Voraussetzungen lägen insbesondere in der Existenzgründungsphase einer selbständigen Tätigkeit vor.

Wie ging es weiter?

Der BGH hat den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das Berufungsgericht noch Feststellungen dazu treffen muss, ob der Beklagte zu 1) in seiner Wohnung Mitarbeiter für sein Maklerbüro beschäftigt. Dies hatte die Klägerin vorgetragen und der Beklagte zu 1) bestritten. Sollte der Beklagte zu 1) tatsächlich Mitarbeiter in seinem Home Office beschäftigen, kommt ein Anspruch des Mieters auf Gestattung seiner gewerblichen Nutzung regelmäßig nicht in Betracht. Für die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht des Vermieters ist aber der Mieter darlegungs- und beweispflichtig, d.h. der Beklagte zu 1) muss beweisen, dass er keine Mitarbeiter angestellt hat.

Zusammenfassung

Wer z.B. als Autor seine berufliche Tätigkeit in einem häuslichen Arbeitszimmer ausübt, der bewegt sich im Rahmen der vertragsgemäßen Wohnnutzung. Sobald die Tätigkeit jedoch nach außen in Erscheinung tritt, z.B. durch Angabe der Wohnung als Geschäftsadresse, sollte der Vermieter unter Hinweis auf dessen Duldungspflicht nach Treu und Glauben um die Erteilung seiner Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung gebeten werden. Diese Erlaubnis muss der Vermieter grundsätzlich aber nur erteilen, wenn der Mieter keine Mitarbeiter in seiner Wohnung beschäftigt und kein ins Gewicht fallender Kundenverkehr auftritt.